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Ferienanspruch bei Freistellung
Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, stellt sich oft die Frage: Was passiert mit dem noch offenen Ferienguthaben? Besonders bei einer Freistellung sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmende nicht immer einig. Ein aktueller Fall zeigt, worauf es ankommt.
Der Fall: Kündigung und Freistellung
Eine Arbeitnehmerin wurde von ihrem Arbeitgeber ordentlich gekündigt. Während ihrer einmonatigen Kündigungsfrist wurde sie sofort freigestellt. Vor der Kündigung hatte sie noch 2 Wochen Ferienguthaben (10 Arbeitstage). Ihr Arbeitgeber argumentierte, dass mit der Freistellung automatisch alle Ferien abgegolten seien und keine zusätzliche Auszahlung notwendig sei. Doch ist das tatsächlich so?
Die Rechtslage: Die 1/3-Faustregel des Bundesgerichts
Arbeitnehmende in einem gekündigten Arbeitsverhältnis sind von ihrer Leistungspflicht befreit, sehen sich aber zugleich mit dem Bewerbungsdruck konfrontiert. Es liegt auf der Hand, dass sie die Stellensuche am Ferienbezug hindert. In Anerkennung dieser Tatsache hat sich in der Rechtsprechung eine Praxis etabliert, wonach grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass ein Drittel der Freistellungszeit als Ferienbezug genutzt und demnach angerechnet werden darf, wobei es die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen gilt.
Als Faustregel gilt demnach: Bei einer dreimonatigen Freistellung werden 21,75 Tage als Ferien angerechnet (entsprechend der durchschnittlichen Anzahl Arbeitstage pro Monat).Bei einer einmonatigen Freistellung wären das rund 7,25 Tage.
Anwendung auf den aktuellen Fall
Da die Arbeitnehmerin in unserem Fall während einem Monat freigestellt und demnach keine Arbeitsleistung erbringen musste, darf der Arbeitgeber nach der Faustregel ein Drittel dieser Zeit (also 7,25 Tage) mit dem Ferienguthaben verrechnen. Ihr gesamtes Ferienguthaben betrug jedoch 10 Arbeitstage, weshalb ein Restanspruch von 2,75 Tagen verbleibt, welcher finanziell abgegolten werden muss.
Fazit: Freistellung ersetzt Ferien nur teilweise
Freigestellte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten ihren Ferienanspruch genau prüfen. Die 1/3-Faustregel bietet eine Orientierung, Abweichungen sind aber je nach Situation angezeigt und zu prüfen. Das SEV-Rechtsschutzteam steht für Auskunft zur Verfügung.
Rechtsschutzteam SEV