Gesundheit am Arbeitsplatz
Menstruationsurlaub
Anfänglich ein Tabu in der Arbeitswelt, kommt die Idee eines Menstruationsurlaubs für Frauen, die unter starken Periodenbeschwerden leiden, auch in der Schweiz voran. Dass Frauen jeden Monat bis drei Tage ohne Arztzeugnis der Arbeit fernbleiben können, ist in der Stadt Freiburg beschlossen und wird in Yverdon-les-Bains bereits angewandt. Langsam breitet sich die Idee aus.
Die Stadt Freiburg wird diesen Sommer den Menstruationsurlaub in ihr Personalreglement aufnehmen. Die Mitarbeiterinnen können jeden Monat bis zu drei Tage ohne Arztzeugnis frei nehmen, wenn sie starke Periodenbeschwerden haben, auch Dysmenorrhoe genannt. Mit dieser rechtlichen Neuerung sieht die Stadtregierung eine Vertrauenslösung bei dieser Absenz vor. Damit soll vermieden werden, dass die Betroffenen stigmatisiert werden.
Yverdon-les-Bains (VD) war im Juli 2024 die erste Stadt in der Schweiz, die den Menstruationsurlaub in ihr Personalreglement aufnahm. Im Oktober 2024 sprach sich der Gemeinderat von Lausanne für ein Pilotprojekt aus, um den Menstruationsurlaub für die Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung einzuführen. In Zürich erlaubt ein Pilotprojekt seit 2023 den städtischen Mitarbeiterinnen mit «starken» und «regelmässigen» Periodenschmerzen bezahlte Absenzen von einem bis fünf Tagen pro Monat. Das Stadtparlament von Olten hat 2025 in seiner März-Sitzung beschlossen, das Personalreglement entsprechend anzupassen. Europaweit war Spanien 2023 die Vorreiterin in dieser Frage.
Periode: tabuisiert und unterschätzt
Dies sind gute Nachrichten, da die Periode in der Öffentlichkeit noch viel zu oft tabuisiert wird. Die Thematik wird im Berufsleben nach wie vor stark unterschätzt. «Es geht darum, die Arbeitswelt, von Männern für Männer geschaffen, anzupassen und inklusiv zu machen», schreibt Aline Bœuf in «Le Temps». Sie ist Doktoratsassistentin an der Universität Genf und Autorin des Buchs «Briser le tabou des règles» (Das Menstruationstabu brechen). Auch wenn sich die Frage zurzeit bei den öffentlichen Arbeitgebern stellt, könnte sie bald auch in den privaten Unternehmen aufkommen. Carmen Tanner, Co-Stadtpräsidentin von Yverdon, erläutert in «La Liberté»: «Mindestens ein Viertel der Frauen leidet unter Periodenschmerzen. Es ist falsch, dass Tausende von ihnen ein physiologisches Problem aufs Konto der Krankheitsabsenzen buchen müssen. Es ist Zeit, dass wir das Tabu um diese Schmerzen brechen.» Für manche Frauen hat eine sehr starke oder schmerzhafte Menstruation erhebliche Auswirkungen. Insbesondere gilt dies für Frauen, die unter Endometriose leiden, einer komplexen, oft chronischen Erkrankung der Gebärmutter, die 10 bis 15 Prozent der menstruierenden Frauen betrifft. Oft dauert es sieben bis zehn Jahre bis zu einer korrekten Diagnose.
Die Gegenseite brachte den Datenschutz ins Spiel und sprach von einer zusätzlichen Stigmatisierung der Frauen. Der Datenschutz wurde in Yverdon angesprochen: «Der Grund einer Absenz wird nur der Personalabteilung mitgeteilt, die ans Berufsgeheimnis gebunden ist», betont Carmen Tanner. Führt der Menstruationsurlaub nicht schon bei der Einstellung zu einer weiteren Stigmatisierung der Frauen und einen Freiraum, den sie sich gar nicht zu nutzen trauen? Audrey Petoud, SP-Gemeinderätin in Lausanne, teilt diese Meinung nicht: «Es gibt Arbeitgeber, die ab dem ersten Tag ein Arztzeugnis verlangen. Und die Nachteile bei der Einstellung bestehen ja schon; diese muss man an der Wurzel bekämpfen, und sie dürfen uns nicht bremsen auf dem Weg zu einer fortschrittlicheren Gesellschaft.» Zudem scheinen ja die Abwesenheiten der Männer für Militärdienste den Unternehmen auch keine unüberwindlichen Hindernisse zu bieten. Für Aline Bœuf sollten jedoch «die körperlichen (und physiologischen) Besonderheiten der Frauen bei einer generellen unternehmerischen Betrachtung der Gesundheit einbezogen werden, mit der Garantie, dass die Menstruation nicht stigmatisiert wird».
Einbezug von Frauen und Gesundheit
Der Menstruationsurlaub gehört noch nicht zu den Forderungen des SEV, aber er ist Teil der generellen Überlegungen zu einer besseren Integration der Frauen in der Branche des öffentlichen Verkehrs. Dazu gehören vor allem Lohngleichheit, frauenfreundliche Infrastruktur, Respekt und Sicherheit am Arbeitsplatz, aber auch eine bessere Beachtung der gesundheitlichen Aspekte: Menstruation, Menopause usw.
Das Thema der 3 M (Menstruation, Mutterschaft, Menopause) wird am nächsten feministischen Kongress des SGB vom 21. und 22. November diskutiert. Diese drei biologischen Eigenheiten sind Teil des Lebens als Frau. Sie können Herausforderungen bieten und besondere Bedürfnisse an den Arbeitsplatz stellen. Dazu gehören zum Beispiel eigene Toiletten während der Arbeitszeit. Diese Überlegungen sollen in den kommenden Monaten noch vertieft werden.
Yves Sancey