Deutschschweizer VPT-Tagung 2023
Die 13. AHV-Rente ist sinnvoll und dringend nötig
An der VPT-Tagung vom 4. November im Volkshaus Zürich warb der ehemalige Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes Paul Rechsteiner eindringlich für ein Ja am 3. März zur 13. AHV-Rente. Denn viele Pensionierte brauchen diese dringend.
«Diese Abstimmung ist eine der wichtigsten seit Langem, denn es geht um die richtige Antwort auf die Rentenkrise», sagte der ehemalige St. Galler National- und Ständerat vor über 130 VPT-Mitgliedern. In der Krise ist nicht etwa die AHV selbst – «die ist solide finanziert» – sondern die 2. Säule der Altersvorsorge, die berufliche Vorsorge. In den letzten 20 Jahren sind die Pensionskassenrenten von Neurentner:innen im Schnitt um rund 20 Prozent gesunken, und dies trotz immer höherer Beiträge der Arbeitnehmenden und Arbeitgeber. Zudem sind die Pensionskassen nicht zu einem Teuerungsausgleich verpflichtet, wie ihn die AHV laufend gewährt, um die Kaufkraft der Renten zu erhalten.
Senkung der Pensionskassenrentenpreisgünstig kompensieren
«Die Krise der 2. Säule hat dazu geführt, dass die Fortsetzung des gewohnten Lebens in angemessener Weise, wie sie gemäss Bundesverfassung mit den Renten aus der 1. und 2. Säule möglich sein sollte, immer weniger möglich ist», stellte Rechsteiner fest. Die beste Lösung, um die Rentenverluste in der 2. Säule auszugleichen, ist nicht, immer mehr Geld dort hineinzupumpen, weil dort viel Geld verloren geht. Günstiger, sicherer und effizienter ist es, mehr Geld in die AHV zu investieren, wo dieses Geld dank dem Umlageverfahren direkt zu den Rentenbezüger:innen fliesst – ohne Verluste durch Kapitalverwaltungskosten, Gewinnausschüttungen an Aktionäre von Finanzinstituten, Broker-Honorare, Aktienkursschwankungen usw. wie bei den Pensionskassen (die immerhin von paritätisch zusammengesetzten Stiftungsräten kontrolliert werden) oder in der privaten Vorsorge (wo die Kontrolle lascher ist).
Effiziente, soziale Finanzierung
Solange die Wirtschaft einigermassen gut läuft, ist die AHV gut finanziert, weil auf dem ganzen Einkommen Beiträge bezahlt werden müssen, ohne Limite nach oben. Plafoniert sind dagegen die Renten. Das führt zu einer Umverteilung der fetten Löhne, die in den letzten Jahren laufend gestiegen sind, zu Rentner:innen, die ein Leben lang für einen tiefen oder mittleren Lohn gearbeitet haben. Dank der AHV ist in der Schweiz der Unterschied zwischen Arm und Reich weniger stark gewachsen als etwa in den USA. Dort müssen viele Pensionierte weiterarbeiten, um über die Runden zu kommen, wie Rechsteiner gerade auf einer Reise nach Detroit wieder feststellen musste.
Dank der effizienten und sozialen Finanzierung der AHV kostet eine 13. AHV-Rente die grosse Mehrheit der Schweizer:innen (und die Arbeitgeber) also bedeutend weniger, als sie für eine entsprechende Erhöhung der Pensionskassenrente an zusätzlichen Beiträgen bezahlen müssten. Die vom Parlament unter dem Einfluss der Finanzbranche verpfuschte Reform der beruflichen Vorsorge zeigt, dass Leute mit tiefen Einkommen dort auch mit schmerzlichen höheren Lohnabzügen ihre Rente nur bescheiden verbessern können. Ganz zu schweigen von den vielen Rentnerinnen, die auch heute noch gar keine Pensionskassenrente haben und umso mehr auf die AHV angewiesen sind.
Der Angstmache entgegenwirken
«In den nächsten Wochen wird es eine unglaubliche Propagandawelle gegen die 13. AHVRente geben», erwartet Rechsteiner. Natürlich finanziert von Finanzinstituten, die alles Interesse an einer möglichst schwachen AHV haben, um weiter an den Pensionskassen und an der privaten Vorsorge Geld verdienen zu können. Ausgerechnet Grossbanken, die in den letzten 20 Jahren schon zweimal mit Milliardenhilfen vom Staat gerettet werden mussten, werden mit Verweis auf die gestiegene Lebenserwartung einmal mehr den finanziellen Untergang der AHV prophezeien, wie seit 75 Jahren schon oft. Doch die AHV ist immer noch da, obwohl die Lebenserwartung seit ihrer Gründung laufend gestiegen ist und obwohl ihre Renten vor allem in den 1970er-Jahren wesentlich ausgebaut worden sind, so Rechsteiner. Und spätestens 2050 werde die Zahl der Rentner:innen mit dem Wegsterben der Babyboomer wieder sinken.
«Die AHV ist die genialste Erfindung des 20. Jahrhunderts», fasste Rechsteiner zusammen und forderte alle auf, im persönlichen Umfeld, am Stammtisch und mit Leserbriefen selber mitzuhelfen, dass jetzt endlich eine spürbare Rentenverbesserung kommt. Diese brauchen viele Rentnerinnen und Rentner wegen der hohen Teuerung gerade jetzt dringender denn je.
Markus Fischer
Solidarität, Demokratie, Transparenz und Respekt
Wegen der Wichtigkeit der AHV-Abstimmung kommen hier die anderen Tagungsredner zu kurz. VPT-Zentralpräsident Gilbert D’Alessandro erinnerte daran, dass die Verfassung den Arbeitnehmenden das Recht garantiert, sich gewerkschaftlich zu organisieren und zu streiken. Dieses Recht gelte es ständig zu verteidigen – auch in der Schweiz mit ihrem schwachen Kündigungsschutz. Er verwies auf den Mahnbrief, den Gewerkschafter:innen nach dem Streik vom Oktober 2022 bei den Genfer Verkehrsbetrieben von der Direktion erhalten haben, und auf die Übergriffe der französischen Polizei gegen Streikende, als sich gegen die undemokratische Durchsetzung der Rentenreform wehrten.
SEV-Präsident Matthias Hartwich nahm den Ball auf und versicherte, dass der SEV seine Mitglieder gegen solche Angriffe immer vehement verteidigen werde – entsprechend dem SEV-Grundwert der Solidarität. Weitere Grundwerte sind für ihn Demokratie (auch intern), Transparenz und Respekt. Voraussetzungen für die Respektierung des SEV seien Stärke, Mobilisierungs- und wenn nötig auch Streikfähigkeit dank einem hohen Organisationsgrad, und dafür brauche es gute Mitgliederwerbung. Dazu konnte VPT-Vizepräsident René Schnegg vermelden, dass der VPT dieses Jahr schon wieder fast so viele Mitglieder geworben hat wie 2022.
SEV-Vizepräsident Christian Fankhauser erwartet von allen Unternehmen mindestens den vollen Teuerungsausgleich, und dass sie die Arbeitszeiten attraktiver gestalten, um als Arbeitgeber attraktiver zu werden. Für ihn war es die letzte Deutschschweizer VPT-Tagung als Vizepräsident – und prompt erhielt er zum Dank für sein jahrelanges grosses Engagement für die KTU-Mitarbeitenden eine Standing Ovation.
Kommentare
Pennella Markus 23/11/2023 13:49:13
Die 13 AHV-Rente, ist bitter nötig um ein normales Leben in der Schweiz weiter zu führen.
Jacques Müler 05/12/2023 03:37:16
Ausgerechnet das Parlament, wo sich dieses Jahr einen Teuerungsausgleich von ca. Fr. 4000.- ausbezahlen wollte, ist dagegen mit einer Jahresentschädigung von mehr als Fr. 130'000.- und das bei einem 50% Pensum Noch Fragen?