PEKO-Vernetzungstreffen
Whistleblowing
Am 28. März hat das SEV-Regionalsekretariat Zürich online ein Peko-Vernetzungstreffen durchgeführt. Gewerkschaftssekretär und Rechtsschutzexperte Mario Schmid informierte die 15 Teilnehmenden zum Thema «Whistleblowing». Noch immer besteht beim Thema viel Unklarheit, vor allem in rechtlicher Hinsicht, und noch immer haben viele Unternehmen keine oder kaum interne Stellen, wo firmeninternes Fehlverhalten gemeldet werden kann.
Ein Whistleblower ist in der Regel eine Person, die in einer besonderen Beziehung zu einer Organisation steht (typischerweise in einem Arbeitsverhältnis) und im Rahmen dieser Beziehung besondere Kenntnisse erhält über illegale oder unethische Praktiken in dieser Organisation. Wenn diese Person dann solches Fehlverhalten Dritten mitteilt, im Sinne einer Aufforderung, gegen diese Praktiken vorzugehen, dann betreibt er oder sie Whistleblowing. Bei der SBB gibt es dafür eine spezielle Compliance-Meldestelle, die anonym benachrichtigt werden kann. In vielen anderen Verkehrsunternehmen gibt es jedoch keine solchen Stellen. Das heisst, wer einen Missstand melden will, muss versuchen den Dienstweg zu beschreiten, also z. B. die Vorgesetzten darauf aufmerksam machen.
Unter bestimmten Umständen aber ist der Dienstweg versperrt. Dies etwa dann, wenn Vorgesetzte oder gar ein Geschäftsleitungsmitglied selbst verdächtigt wird, illegale bzw. unethische Praktiken begangen zu haben oder diese wissentlich zu schützen. Erscheint unter diesen Umständen die Einhaltung des Dienstweges als unzumutbar (und weist der Betrieb keine interne Meldestelle auf), so dürfen Whistleblower:innen stattdessen grundsätzlich eine Meldung an die zuständige staatliche Aufsichtsbehörde in Erwägung ziehen. Bleibt auch letztere untätig, dürfen sich die Whistleblower:innen als letztes Mittel direkt an die Öffentlichkeit wenden, z. B. via Medien. Unabhängig davon, an wen bzw. welche Institution die Meldung geht, sind stets die verschiedenen Interessen gegeneinander abzuwägen und die Verhältnismässigkeit zu wahren. Whistleblower:innen sollten sich bewusst sein, dass das Damoklesschwert der Kündigung stets über ihnen schwebt und jederzeit auf sie heruntersausen kann. Dies auch dann, wenn sie die eben beschriebene Meldekaskade einhalten und verhältnismässig handeln.
In der Schweiz werden Whistleblower:innen grundsätzlich nur unzureichend durch das Gesetz geschützt. Eine Kündigung, die aufgrund einer Whistleblowing-Meldung ausgesprochen wird, bleibt auch dann gültig, wenn die Meldung zu Recht an die Behörde bzw. an die Öffentlichkeit erfolgte. Vor Gericht können Whistleblower:innen immerhin eine Strafzahlung wegen Missbräuchlichkeit der Kündigung im Umfang von maximal sechs Monatslöhnen erstreiten. In dieser Hinsicht besser geschützt ist das Bundespersonal, das eine Strafzahlung von bis zu zwölf Monatslöhnen geltend machen kann oder auf Begehren gar die Wiederanstellung.
Ebenfalls nicht geschützt sind Whistleblower:innen vor anderen Repressalien, beispielsweise vor Mobbing. Wer ein Fehlverhalten im Betrieb anprangert, wird leider häufig nicht belohnt, ja wird oft sogar für den guten Willen bestraft. Deshalb empfiehlt der SEV allen Personen, die Whistleblowing betreiben wollen, sich vorgängig beim Berufsrechtsschutz des SEV zu melden und sich beraten zu lassen. Zudem empfiehlt der SEV den Peko-Mitgliedern, die Schaffung von Meldestellen innerhalb ihres Betriebes anzuregen. Dabei bietet der SEV gerne Unterstützung.
Michael Spahr