Editorial von Christian Fankhauser, Vizepräsident SEV
Hin zu einer Branchenlösung?
Die öV-Berufe sind spannend, und unsere Kolleginnen und Kollegen sind stolz auf ihren Beitrag zum Service public. Sowohl für die Unternehmen wie auch für das Personal stehen jedoch drei grosse Herausforderungen bevor, auf die rasch reagiert werden muss: Da die Babyboomer-Generation das Rentenalter erreicht, müssen die Berufe für die Jugendlichen attraktiv gemacht werden, um einen Personalengpass zu vermeiden. Die Belastungen beim Fahren, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken können, erfordern branchenweite Lösungen bei der Reintegration, der Weiterbildung und der beruflichen Neuorientierung. Zudem stellt die unabwendbare Digitalisierung der Arbeitswelt, die Berufe verändert oder gar verschwinden lässt, die Arbeitsmarktfähigkeit unserer Kolleginnen und Kollegen in Frage. Auch hier könnten berufsbegleitende Ausbildungsmassnahmen sinnvoll sein.
Seit Anfang Jahr wurden diese Themen in verschiedenen Ausgaben der SEV-Zeitung behandelt. In der aktuellen Nummer ist zu lesen, wie die Maschinenindustriebranche auf diese Fragestellungen reagiert: Sie hat einen paritätischen Fonds eingerichtet, der von beruflichen Beiträgen gespeist wird und damit die «Passerelle 4.0» finanziert, die eine berufsbegleitende Umschulung für erwachsene Mitarbeitende vorsieht. Diese Branche steht vor ähnlichen Herausforderungen wie wir und hat eine vielversprechende Branchenlösung gefunden.
Um zukunftsfähige Lösungen zu finden, sucht der SEV das Gespräch. Am 5. November sind verschiedene Akteure unserer Verkehrsbranche zu einem runden Tisch eingeladen, darunter einige KTU. Die Probleme sind bekannt und die Fakten klar, doch muss jetzt gemeinsam über die Lösungen nachgedacht werden, die im Interesse der Arbeitnehmenden und der Arbeitgeber zu ermöglichen sind. Sowohl das Beispiel der SBB, eine der grössten Arbeitgeberinnen der Schweiz, wie auch jenes der Maschinenindustrie sind interessant. Bei der SBB sieht der gemeinsam mit dem SEV verhandelte GAV einen Mechanismus zur beruflichen Neuorientierung im Falle von Reorganisationen oder Rationalisierungen sowie eine berufliche Reintegration bei gesundheitlichen Problemen vor. Eine Vereinbarung zur Gewährleistung der Arbeitsmarktfähigkeit im Rahmen des digitalen Wandels vervollständigt das Dispositiv. Auch die Lösungen der Maschinenbranche können als Beispiel dienen, wie die Verkehrsbranche auf lokaler, kantonaler und nationaler Ebene zu einer Branchenlösung finden könnte.
Nur auf dieser höheren Ebene konnten die Maschinenindustrie und die SBB Lösungen finden, die eine KTU mit weniger Mitteln und Stellen ihrem Personal nicht so einfach vorschlagen kann.